
Wiborada. Ein Frauenleben im frühen Mittelalter
On Februar 5, 2025 by matmoniWiborada lebte im späten 9. und frühen 10. Jahrhundert. 916 liess sie sich in eine Klause einmauern, wo sie 926 ermordet wurde. Zuvor hatte sie den Abt des Klosters St.Gallen vor dem Überfall von Reiterhorden gewarnt, sodass Menschen und Klosterschatz samt den kostbaren Büchern gerettet werden konnten.
Was treibt eine Frau an, sich für den Rest ihres Lebens auf 10m2 Lebensraum zu beschränken, ohne Sonnenlicht in kalten Mauern zu bleiben? Lässt sich daraus heute – 1100 Jahre später – noch Sinn gewinnen?
Getrieben von dieser Frage verbrachte ich im Juli 2024 eine Schreibwoche in der Wiborada-Klause. Beim Ankommen fiel mir zuerst der Baustellenlärm auf. Als zweites die eisige Kälte. Aber kaum hatte ich den Computer auf den hellen Holztisch gestellt, drangen weder Lärm noch Kälte zu mir durch. Beides war da, hatte aber mit mir nichts mehr zu tun. „So muss es Wiborada auch gegangen sein“, dachte ich mir. Ein erster Zugang war gefunden. Mit Hilfe von vielen Büchern und noch mehr Phantasie entstand daraus eine Erzählfassung zu Wiboradas Leben, entlang der Heiligenlegende, die bereits ca. 960 von Mönch Ekkehard aufgeschrieben wurde.
Die Erzählung
«Die Vita von Wiborada erzählt von Moni Egger begeistert mich durch ihre sprachliche Bildkraft. Das Leben der aussergewöhnlichen Frau aus dem Mittelalter wird in anschaulichen Alltagszenen von der Kindheit bis zu ihrem Märtyrertod geschildert, spannend und ergreifend. Auch als nicht-religiöser Mensch hat mich das tief berührt.»
Stimme aus dem ersten Try-out
Wiborada – eine eigenständige Frau, die ihren Lebensweg bis in den Tod hinein selbst bestimmt und gestaltet. Ihre Stärke liegt in der Reduktion. Je klarer sie die Grenze zwischen sich und der Welt zieht – was hier angesichts der Klause wörtlich zu verstehen ist – desto klarer ist ihr Blick für das Geschehen der Welt und für das, was die Menschen bewegt.
„Wiborada. Ein Frauenleben im frühen Mittelalter“ erzählt die Geschichte Wiboradas von ihrer Kindheit an und bis über ihren Tod hinaus. Dabei hält sie sich nah an die legendarisch überlieferten Ereignisse sowie an historische Begebenheiten jener Zeit. So gibt die Erzählung Einblick in Alltag, Leben und Glauben des Mittelalters. Sie erzählt von Wiborada nicht als Einzelgängerin. Vielmehr ist Wiborada eingebunden in tragende Beziehungen zu Bruder und Schwester und auch zu zahlreichen Freundinnen, die auf ihrem Weg eine wichtige Rolle spielen.
Eine besondere Herausforderung für die Erzählung war es, die mittelalterliche Frömmigkeit für heutige Ohren nachvollziehbar zu machen, ohne sie zu sehr einem heutigen Verständnis einzuverleiben. Es war und ist ein Balanceakt zwischen Ernstnehmen des mittelalterlichen Welt- und Selbstverständnisses – das gerade auch in seiner Fremdheit einen eigenen Wert hat – und dem Übersetzen in unsere Zeit, was erst ein Einfühlen aus heutiger Perspektive möglich macht.
Sporadisch schreibe ich ein Projekttagebuch, das Einblick gibt in die Entstehung dieses Erzählprogramms.
- Eine Textfassung entsteht
- Kürzen, Kürzen, Kürzen – und andere Vorbereitungen
- Vom Text in mich – apprendre par coeur (folgt)
Erzählung auf Schweizerdeutsch
Moni Egger, Dr. Theol., Märchen- und Bibelerzählerin
Musik
Klosterhofquartett: Bettina Kugler (Sopran), Rita Keller (Alt), Christoph Strässle (Tenor), Walter Raschle (Bass). Die Mitglieder des Klosterhofquartetts kennen sich aus Ensembles der St. Galler DomMusik. Im Kontext von klanghalt haben sie in verschiedenen Formationen gregorianischen Choral und Motetten gesungen und sind dabei zu einem festen Quartett zusammengewachsen.
Stickerei
Teresa Serpa, Lima (PE)
Dank an das ökumenische Projekt Wiborada2021-2026 und dem Team St.Mangen für die Gastfreundschaft im Juli 24. Mehr zum Projekt.

Wiborada – auch bei dir? Informationen für VeranstalterInnen:
Neueste Beiträge
Moni Egger * info(ät)matmoni.ch * 079 234 98 50 * 8800 Thalwil
Fotos: Katja Wißmiller
Website: Moni und Margrit Egger
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