
Kürzen kürzen kürzen – und andere Vorbereitungen
On Februar 8, 2025 by matmoniUm 17 Uhr am letzten Tag der Schreibwoche in der Klause wurde der erste Textentwurf fertig. Wie immer, wenn ein Text frisch entstanden ist, las ich ihn mir selbst vor. Und las. Und las. Und las. Volle zwei Stunden lang. Danach war ich euphorisiert und nudelfertig. Obwohl ich ja alles selbst geschrieben hatte, hat mich die Geschichte doch total gepackt und ziemlich mitgenommen. Wiboradas Kraft, ihre Entwicklung, ihr gewaltsamer Tod. Die Frau, die mir zu Beginn der Woche noch weitgehend fremd war, hatte nun meine ganze Anteilnahme. Und ich wusste: Der Text funktioniert – aber er ist viel zu lang.
Das Motto der kommenden Monate also: Kürzen, kürzen, kürzen. Gibt es eine gemeinere künstlerische Aufgabe, als das Selbstgeschaffene derart zu beschneiden. Ich hasse es! Und weiss doch, dass es nötig ist und schlussendlich, wenn die Textwunden verheilt sind, der Geschichte immer gut tut. Und ich weiss auch, dass es nötig ist, den Text erstmal ruhen zu lassen, bevor ich ihn mit der Löschtaste bearbeiten kann. Und ich brauche Ohren, die nicht die meinen sind, denen ich die Geschichte vorlesen kann. So reiste das PDF auf dem Mini-I-Pad im Sommer mit durch Frankreich, Wales, und Irland – ein bisschen auf Gallus‘ Spuren.

Wildfenchelböschung in Carnac.
Ein heisser Tag, eine Tankstellenbeiz direkt an der Strasse, irgendwo in Frankreich. „Martin, magst du meinen Text hören?“ Martin mochte und ich las vor. Und spürte nicht mehr die Hitze, hörte nicht mehr den Lärm. War im mittelalterlichen St. Gallen, die Klause war kalt und feucht und ziemlich dunkel. Ja. Der Text funktioniert. Ein paar erste Kürzungen konnte ich machen.
Ein paar weitere Vorlesestunden mit lieben Menschen später scheint der Text nun eine angemessene Länge zu haben. Sodass innerhalb der zwei Stunden Aufführungszeit auch noch eine gute Portion Musik Platz hat.
Und wenn sich dann Text und Klänge ineinanderschlaufen, die Musik den Text rahmt und stützt, der Text die Musik umspielt – was für ein Glück!
Musik. Was für eine Freude, dass ich das Klosterhofquartett zum Mitmachen gewinnen konnte! Rita und ich verstanden uns auf Anhieb. Zu unserem ersten Treffen brachte sie lauter Musikvorschläge mit und Ideen für die Gestaltung, ausserdem Walter, der aus seiner Erfahrung ebenfalls Stücke und Vorschläge beisteuerte. Ich liebe diese Zusammenarbeit mit Musikschaffenden. Dann komm ich mir vor wie damals während des Studiums, wenn das neue Vorlesungsverzeichnis herauskam und ich mir meinen Stundenplan zusammenstellte. Dort etwas Schönes und noch etwas Passendes und noch so ein verheissungsvoller Titel. Oder eben: Lauter Musikvorschläge und ich darf wählen, was mir am besten gefällt. Und wenn sich dann Text und Klänge ineinanderschlaufen, die Musik den Text rahmt und stützt, der Text die Musik umspielt – was für ein Glück!
Zu diesem Grossen Ganzen gehört auch der Schal, der nun unterwegs ist hierher. Von dem ich noch nicht weiss, welche Rolle er genau bekommen wird. Nur weiss, dass er dazugehört und dass er mehr sein wird, als der blosse Erzählschal, als den ich ihn ursprünglich in Auftrag gegeben habe. Sechs Wochen könne es dauern, wurde mir gesagt, bis er den Weg übers Meer gefunden hat. Sechs Wochen!

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Moni Egger * info(ät)matmoni.ch * 079 234 98 50 * 8800 Thalwil
Fotos: Katja Wißmiller
Website: Moni und Margrit Egger